Ruhesteine e.V. fand heraus, dass ca. 15 Prozent der jährlich 230 kommunal Bestatteten ihr Leben selbst beendeten. 20 Prozent der 230 lagen bereits einige Tage, manche mehrere Monate tot in ihrer Wohnung, bevor sie zufällig oder durch Gewürm und Verwesungsgeruch auffielen.

Warum werden arme, einsame Menschen nicht vermisst? Sind sie sozial isoliert und werden daher vergessen? Welchen Einfluss haben Lebenslage und Sozialraum? Lediglich die vom Arzt auf dem Totenschein und vom Standesamt in Sterbeurkunden bescheinigten „Liegezeiten“ lassen etwas vom Leben der „unentdeckt“ Verstorbenen vermuten. Mehr Persönliches geben die Behörden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht preis. Doch das hat zunächst ausgereicht, um „Grundlagenforschung“ zu leisten.

Evangelische Hochschule Bochum lässt nach Ursachen der einsamen Tode forschen

Seit 2013 leisten Bochumer Studentinnen des EFH-Masterstudiengangs „Soziale Inklusion“ zur Frage: „Gibt es in Lebenslage und Sozialraum unentdeckt Verstorbener Gemeinsamkeiten?“, wichtige Grundlagen- und Sozialraumforschung. Die Studentinnen untersuchten bis Ende 2015 Stadtteile, in denen sich unentdeckte Tode häuften.

Insgesamt erleiden mehrheitlich ledige Männer im Alter von 27 bis 79 Jahren den „unentdeckten Tod“ . Bei den wenigen Frauen handelt es sich überwiegend um Witwen zwischen 49 bis 95 Jahren.

Die Ergebnisse der jeweiligen Forscherinnengruppen finden Sie unter der Rubrik „Forschung“.

Lassen sich „unentdeckte Tode“ verhindern?

Seit Mitte 2014 besucht Projektkoordinatorin Barbara Bienert im Rahmen des Projektes „Nachbarn helfen Nachbarn“ Menschen in ausgewählten Straßen von Bulmke-Hüllen.

Sie klingelt an Haustüren und spricht mit Anwohnern. „Dort, wo Leerstand, wechselnde Mieterschaft, marode Straßen und ungepflegte Hausflure zusammentreffen, kapseln sich die Mieter ein“, nahm sie wahr. Das dreijährige Projekt „Nachbarn helfen Nachbarn“, gefördert von der Glücksspirale und dem evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid, hat die „Stiftung von Nachbarschaft“ zur Aufgabe. Denn engagierte und aufmerksame Nachbarn können sich das Leben gegenseitig „verschönern“.
Gelungen ist das in einer Straße mit zwei Kaffeenachmittagen in „Nachbars Garten“, einem Hoffest mit insgesamt 200 Besuchern. Ein erster Schritt, sich näher kennenzulernen. Dafür wurde das Projekt 2015 von der bundesweiten Initiative „Netzwerk Nachbarschaft“, Hamburg, ausgezeichnet. „So etwas setzt natürlich voraus, dass es Nachbarn gibt, die für die Idee offen sind und mitmachen“, erklärt Bienert. „Nur wer sich fremd bleibt, nimmt von seinem Nächsten keine Notiz. Wir wollen das ändern.“

Eine weitere Initiative des Kirchenkreises soll in den nächsten Monaten in Zusammenarbeit mit den Wohnungsbaugesellschaften Deutsche Annington, LEG, GGW, einigen privaten Vermietern, ev. und kath. Kirchengemeinden „Sicherungssysteme“ zur Vermeidung von „unentdeckten Toden“ entwickeln. In einem weiteren Schritt wir es darum gehen, diese „Systeme“ zu implementieren.